Zum Schulstart: Aus dem heiligen Evangelium nach den Simpsons
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Bart ist ein kleiner Quälgeist, vorlaut und immer mit einem frechen Spruch auf den Lippen; sein Vater Homer verbringt die Zeit am liebsten mit Chips vor dem Fernseher oder mit seinen Saufkumpanen in Moe’s Taverne. Nicht gerade der Stoff, so scheint es, um damit seriösen Religionsunterricht zu gestalten. Der Autor machte nach anfänglicher Skepsis andere Erfahrungen …
Tag für Tag sitzen Heerscharen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor dem Fernseher, um zu erfahren, was wieder los ist bei den Simpsons, der wohl bekanntesten Movie-Family der Welt. Ich erinnere mich genau: Mit welcher Verachtung ich den heimischen Fernseher links liegen liess, wenn unsere Kinder gebannt in die Kiste starrten. „Wieder mal amerikanischer Sch….rott“ . Als mich die Kids der 6. und 7. Sekundarschule in Liestal schliesslich nicht mehr in Ruhe liessen, das von ihnen gewählte Freithema „Simpsons“ aufzugreifen, gab ich meinem rebellierenden Herzen einen Stoss und nahm mir die Zeit …
Ein Schatz mit Potential
Und siehe da: ich war beeindruckt. Nicht begeistert. Aber ich sah das Potential dieser zwanzigminütigen Folgen. Auf lustig-spannend- hintersinnig-tiefgründige Art wird nämlich geschildert, was alles so passieren kann in einer fast ganz normalen Familie. Oft unmerklich werden zentrale und alltägliche Themen angeschnitten. Von Privat-Familiärem wie Alkoholmissbrauch und Ehebruch bis hin zu Politsch-Gesellschaftlichem wie Verstösse gegen Sicherheitsvorkehrungen im Atomkraftwerk von Springfield (kommt uns das nicht bekannt vor?!). Kein Bereich wird ausgespart und auf oft ironische und satirische Weise aufgegriffen.
Auch Jesus erzählte gute Geschichten
Sogar die Religion hat ihren Platz im alltäglichen Drunter und Drüber. Fragen nach dem Sinn des Lebens, Themen wie Liebe, Strafe und Vergebung tauchen in 70% der Folgen auf, wie eine Studie der California State University ans Tageslicht hievte. Oft mehr angedeutet als ausgesprochen wird, was denn unter einem guten und moralisch einwandfreien Lebenswandel zu verstehen wäre. So verwundert es nicht, dass englische Kirchenleute der Ansicht sind, dass Kinder und Jugendliche mithilfe der Serie etwas über Glaubensinhalte lernen könnten. John Pritchard, Bischof von Oxford, zieht eine Linie aus den Ursprungszeiten des Christentums: „Jesus war ein grossartiger Geschichtenerzähler – so wie die Macher der ‚Simpsons’ – und die Kraft einer guten Geschichte liegt darin, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind, sie zum Lachen zu bringen und ihnen etwas zu geben, worüber sie nachher nachdenken können.“
Werkzeug für Religionsunterricht
Weil viele Folgen von den Fragen junger Menschen handeln, sind sie mehr als geeignete Aufhänger, um Nachdenken und Diskussionen anzustossen. Sicherlich ist es von Vorteil, eine Einheit in einem zwei- oder dreistündigen Block abhandeln zu können. Aber selbst Einstünder sind ein geeigneter Rahmen. Nehme ich einen Film als Aufhänger für ein Thema, ziehe ich für die Ausarbeitung oft Materialien hinzu, die ich sowieso bereits habe.
„… richtig: Christentum“
Was mir an den Simpsons besonders gefällt und sie zu einem für den RU geeigneten Medium macht: die Leichtigkeit des religiösen Seins. Hier einige Appetizer.
Homer tut alles, um nicht in die Kirche gehen zu müssen. „Ich bin kein schlechter Mensch, warum sollte ich also den halben Sonntag damit verbringen, mir anzuhören, dass ich in die Hölle komme?“, sagt er in einer Folge. Sollte ein Kirchgang dennoch einmal unumgänglich sein, schaue er sich danach Football im Fernsehen an, „um den Nachgeschmack rauszukriegen.“
Ein andermal fragt Homer Gott höchstpersönlich nach dem Sinn des Lebens. Worauf dieser antwortet, da müsse er warten bis zu seinem Tod, dann würde er es schon erfahren. Als Homer antwortet, so lange könne er nicht warten, witzelt Gott: „Du kannst keine sechs Monate warten?!“
Zuguterletzt die ultimative Einschätzung Homers: „Wie heisst noch mal diese Sache mit den vielen gut gemeinten Regeln, die im wahren Leben doch nicht funktionieren … aja, richtig: Christentum.“ Sollte uns das nicht zu denken geben?!
Peter Messingschlager, im August 2012
Tag für Tag sitzen Heerscharen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor dem Fernseher, um zu erfahren, was wieder los ist bei den Simpsons, der wohl bekanntesten Movie-Family der Welt. Ich erinnere mich genau: Mit welcher Verachtung ich den heimischen Fernseher links liegen liess, wenn unsere Kinder gebannt in die Kiste starrten. „Wieder mal amerikanischer Sch….rott“ . Als mich die Kids der 6. und 7. Sekundarschule in Liestal schliesslich nicht mehr in Ruhe liessen, das von ihnen gewählte Freithema „Simpsons“ aufzugreifen, gab ich meinem rebellierenden Herzen einen Stoss und nahm mir die Zeit …
Ein Schatz mit Potential
Und siehe da: ich war beeindruckt. Nicht begeistert. Aber ich sah das Potential dieser zwanzigminütigen Folgen. Auf lustig-spannend- hintersinnig-tiefgründige Art wird nämlich geschildert, was alles so passieren kann in einer fast ganz normalen Familie. Oft unmerklich werden zentrale und alltägliche Themen angeschnitten. Von Privat-Familiärem wie Alkoholmissbrauch und Ehebruch bis hin zu Politsch-Gesellschaftlichem wie Verstösse gegen Sicherheitsvorkehrungen im Atomkraftwerk von Springfield (kommt uns das nicht bekannt vor?!). Kein Bereich wird ausgespart und auf oft ironische und satirische Weise aufgegriffen.
Auch Jesus erzählte gute Geschichten
Sogar die Religion hat ihren Platz im alltäglichen Drunter und Drüber. Fragen nach dem Sinn des Lebens, Themen wie Liebe, Strafe und Vergebung tauchen in 70% der Folgen auf, wie eine Studie der California State University ans Tageslicht hievte. Oft mehr angedeutet als ausgesprochen wird, was denn unter einem guten und moralisch einwandfreien Lebenswandel zu verstehen wäre. So verwundert es nicht, dass englische Kirchenleute der Ansicht sind, dass Kinder und Jugendliche mithilfe der Serie etwas über Glaubensinhalte lernen könnten. John Pritchard, Bischof von Oxford, zieht eine Linie aus den Ursprungszeiten des Christentums: „Jesus war ein grossartiger Geschichtenerzähler – so wie die Macher der ‚Simpsons’ – und die Kraft einer guten Geschichte liegt darin, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind, sie zum Lachen zu bringen und ihnen etwas zu geben, worüber sie nachher nachdenken können.“
Werkzeug für Religionsunterricht
Weil viele Folgen von den Fragen junger Menschen handeln, sind sie mehr als geeignete Aufhänger, um Nachdenken und Diskussionen anzustossen. Sicherlich ist es von Vorteil, eine Einheit in einem zwei- oder dreistündigen Block abhandeln zu können. Aber selbst Einstünder sind ein geeigneter Rahmen. Nehme ich einen Film als Aufhänger für ein Thema, ziehe ich für die Ausarbeitung oft Materialien hinzu, die ich sowieso bereits habe.
„… richtig: Christentum“
Was mir an den Simpsons besonders gefällt und sie zu einem für den RU geeigneten Medium macht: die Leichtigkeit des religiösen Seins. Hier einige Appetizer.
Homer tut alles, um nicht in die Kirche gehen zu müssen. „Ich bin kein schlechter Mensch, warum sollte ich also den halben Sonntag damit verbringen, mir anzuhören, dass ich in die Hölle komme?“, sagt er in einer Folge. Sollte ein Kirchgang dennoch einmal unumgänglich sein, schaue er sich danach Football im Fernsehen an, „um den Nachgeschmack rauszukriegen.“
Ein andermal fragt Homer Gott höchstpersönlich nach dem Sinn des Lebens. Worauf dieser antwortet, da müsse er warten bis zu seinem Tod, dann würde er es schon erfahren. Als Homer antwortet, so lange könne er nicht warten, witzelt Gott: „Du kannst keine sechs Monate warten?!“
Zuguterletzt die ultimative Einschätzung Homers: „Wie heisst noch mal diese Sache mit den vielen gut gemeinten Regeln, die im wahren Leben doch nicht funktionieren … aja, richtig: Christentum.“ Sollte uns das nicht zu denken geben?!
Peter Messingschlager, im August 2012